Die Schlaglöcher sind in der kasachischen Steppe teils über einen Meter tief.100 Kilometer hinter Atyrau endet die glatte Asphaltstraße, geht zunächst in kaum sichtbare Fahrspuren quer durch das einsame, magere Steppengebiet, dann in eine zerfurchte Sandpiste über. Oft finden sogar wir mit den Fahrrädern keinen brauchbaren Weg durch die vielen teils metertiefen Schlaglöcher und müssen wie die LKW in wegloses Gelände ausweichen. Versorgungspunkte, an denen wir unsere Wasservorräte auffüllen können, gibt es nur noch alle 70 bis 200 Kilometer. Wir fragen uns, wie lange wir es an einem solch abgelegenen Ort aushalten würden.

Und doch sind wir fasziniert, überrascht von der Vielseitigkeit dieser kargen Unendlichkeit, die nur dem auffällt, der genau hinsieht. Zwischen den trockenen Steppengräsern versteckt blühen Thymian-Polster, die zusammen mit anderen Kräutern einen intensiven Duft verbreiten. An den wenigen Wasserstellen weiden Herden von Pferden, Kamelen, Kühen und Schafen auf saftig grünem Gras. Vor allem aber ist es der Himmel, der uns sprachlos macht: Wie ein Kunstwerk wirkt er mit seinem tiefen Blau, den vielen Quellwolken und den langen weißen Schlieren, wie eine Bedrohung, wenn er sich innerhalb von Minuten schwarz färbt und gewaltige Gewitter losbrechen. Und abends, während wir uns die obligatorische Nudelsuppe kochen und die Sonne hinter dem Horizont verschwindet, scheint er in Flammen zu stehen.

Nach acht sehr langen und anstrengenden Etappen rollen wir müde und staubig durch den ausladenden Torbogen nach Aral ein. Da wir uns schon seit Tagen auf die Dusche hier freuen, nehmen wir ein Zimmer im einzigen Hotel, das dieser Ort zu bieten hat. Nach einer unbequemen Duschaktion unter dem tröpfelnden Wasserhahn beschließen wir, möglichst bald in Richtung Turkistan aufzubrechen.

(nach einer Aufzeichnung von Annette Kniffler)