Passhöhe in den Karpaten19. April: Wir fahren über langgezogene Serpentinen hinauf auf 1256 m – vom Frühling zurück in den Winter. Rundum liegt Neuschnee, ein kalter Wind weht durch die Scharte der Passhöhe und den Fichtenwald. Die Karpaten erinnern uns an das Voralpenland. Bei der Abfahrt kommen wir an einem Felszacken vorbei, der dem Geiselstein in den Ammergauer Bergen gleicht, dann durch beeindruckend enge Schluchten mit teils 300 Meter hohen, senkrechten Wänden.

Schotterpisten in Moldawien300 Kilometer weiter östlich passieren wir die Grenze zur Republik Moldau. Die Grenzpolizisten mit großen Parade-Schirmmützen und strengem Blick machen uns keine Schwierigkeiten. Doch wenig später stehen wir etwas frustriert am Ende der asphaltierten Straße. Durch ganz Moldawien holpern wir über schlechte Schotterpisten, wie wir sie in Europa nie erwartet und unseren Rädern nur zu gerne erspart hätten. Am Hinterrad bricht eine Speiche. Dafür haben wir die als Hauptverkehrsader Moldawiens ausgewiesene Straße nun fast immer für uns allein. An jeder Kreuzung stehen wir ratlos ohne Wegweiser mitten in der weitläufigen, steppenähnlichen Landschaft und warten, bis wir einen Pferdekarren oder eines der hier seltenen Autos abfangen und nach der kürzesten Route in die Ukraine fragen können, hinaus aus diesem von Armut und Zerfall gezeichneten Land.

Einladung zum OsterfestIn der Ukraine Erleichterung: Wir haben wieder Asphalt unter den Rädern. Die Bodenwellen, Löcher und mit Schotter bedeckten Straßenränder nehmen wir nach den Erfahrungen der letzten Tage kaum noch wahr. In Artsyz laden uns gleich drei Familien zum Osterfest ein. Schließlich gehen wir mit dem netten Bahnmitarbeiter, der kein Wort Englisch, geschweige denn Deutsch beherrscht. Am reichlich gedeckten Tisch in der gemütlich winzigen Küche versuchen wir, uns durch Gesten verständlich zu machen. Mit Osterkuchen, bunten Eiern und Kartoffelsalat im Gepäck brechen wir nach einigen Stunden wieder auf, um bei Gegenwind den Rest der geplanten Tagesetappe hinter uns zu bringen und schon am nächsten Tag die salzige Luft des Schwarzen Meers zu atmen.

(nach einer Aufzeichnung von Annette Kniffler)